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Sunday, March 8, 2015

Wolfgang Sperber (1928-2015)

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Am 19. 02. 2015 verstarb unerwartet im siebenundachtzigsten Lebensjahr Wolfgang Sperber, emeritierter Professor der Universität Leipzig, nach der Wende von 1990 bis 1993 Direktor der bis dahin noch bestehenden Sektion Theoretische und Angewandte Sprachwissenschaft und von 1992 bis zu Beginn seines Ruhestandes im März 1994 Leiter des neu gegründeten Instituts für Slavistik.
Nach dem Besuch der Staatlichen Oberschule in Wurzen von 1939 bis 1947 nahm Wolfgang Sperber sogleich nach dem Abitur an der Universität Leipzig das Studium der Slawistik, Anglistik und Pädagogik auf. Seine ihn maßgeblich prägenden Lehrer waren Reinhold Trautman und insbesondere Reinhold Olesch (slawische Sprachwissenschaft) sowie Julius Forßman (russische Literatur). Auf Grund seiner ausgezeichneten Studienergebnisse stellte ihn der damalige Institutsdirektor Professor Olesch 1952 als wissenschaftlichen Assistenten ein. Neben einer umfangreichen Lehrtätigkeit und den organisatorischen Aufgaben am Institut widmete er sich der Dissertation „Die sorbischen Flurnamen des Kreises Kamenz (Ostteil)“, die er 1961 erfolgreich bei Prof. Rudolf Fischer verteidigen konnte und die 1967 als Band 18 in der Reihe „Deutsch-Slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte“ erschien. In den folgenden Jahren stand die slawistische Lehre, die vom Altkirchenslawischen über das Altrussische und die russische Sprache der Gegenwart in allen ihren Teilbereichen bis zur modernen Textlinguistik und strukturalistischen Sprachbetrachtung reichte, im Vordergrund, zusammen mit den ihm übertragenen organisatorischen Aufgaben am Institut und der Betreuung der Studenten. Zwischenzeitlich ermöglichte eine wissenschaftliche Aspirantur die Vorbereitung auf die Habilitation, die 1975 mit der Arbeit „Adjektive im Prädikat unpersönlicher Sätze im Russischen“ erfolgreich zum Abschluß gebracht werden konnte. Die Habilschrift erschien 1981 in etwas gekürzter Form als Heft 32 der Leipziger „Linguistischen Arbeitsberichte“. 1977 erfolgte die Berufung zum Hochschuldozenten für Russische Sprache der Gegenwart, 1982 zum außerordentlichen Professor. Nach der Wende wurde Wolfgang Sperber nach neuem Recht zum Professor für Ostslawische Sprachwissenschaft berufen.
So vielseitig und umfangreich wie seine Lehrtätigkeit war auch die wissenschaftliche Arbeit, die sowohl die Publikation von Lehrbüchern als auch die Grundlagenforschung umfasste. Er übernahm wichtige Kapitel in den von Kurt Gabka herausgegebenen Hochschullehrbüchern zur russischen Sprache der Gegenwart, so in den Bänden zur Phonetik und Phonologie sowie zur Morphologie, erschienen 1974 bzw. 1975. Bereits 1966 hatte er zusammen mit Rainer Eckert, Gottfried Kirchner und Rudolf Růžička eine „Russische Wortkunde“ verfasst, die den Studenten als Einführung in die Sprachgeschichte diente. Der Bedeutung der russischen Sprache und ihrem Studium wandte er sich in dem von M. A. Karpenko und Kurt Buttke 1989 herausgegebenen Sammelband „Russkij jazyk i sovremennost´“ zu, und 1992 erarbeite er zusammen mit anderen Autoren das Lehrmaterial zum Studium des Russischen „Analiz teksta. Grundlage einer linguistischen Textanalyse“. Seine weit über das Russische hinausreichenden slawistischen Kenntnisse ermöglichten ihm die erfolgreiche Mitarbeit am Gesamtslawischen Sprachatlas, speziell an dessen 1988 in Moskau erschienenen Band I „Die Tierwelt“. Des weiteren entstammen der Feder von Wolfgang Sperber nicht weniger als 59 wisschenschaftliche Aufsätze in Fachzeitschriften und Sammelbänden. Einen breiten Raum nehmen im Anschluß an seine Dissertation Untersuchungen zu sorbischen Flurnamen mit weiterführenden theoretisch-vertiefenden Erkenntnissen ein, besonders zu deutsch-sorbischen Interferenzproblemen und zu den Voraussetzungen für Namenübersetzungen. Auch die Rolle von Namen in der sorbischen Literatur konnte er in mehreren Aufsätzen beleuchten. Den Forschungsschwerpunkt bildeten jedoch immer wieder Studien zur russischen Grammatik, so zum Aspektgebrauch im Russischen, zu einzelnen Wortarten, darunter zum Adjektiv und zum Zahlwort, zu unpersönlichen Sätzen sowie zur Zustandskategorie. In den achtziger Jahren wandte er sich, neuen Tendenzen in der Sprachwissenschaft stets aufgeschlossen, mehr der Textlinguistik zu, die er besonders in Bezug auf das Russische durch viele Detaillerkenntnisse und theoretische Verallgemeinerungen bereichern konnte. Seine Interessen galten aber auch dem Strukturalismus, der funktional-semantischen Sprachbetrachtung sowie nicht zuletzt Fragen der lingistischen Ausbildung der Studenten. Die wissenschaftliche Arbeitsweise Wolfgang Sperbers kennzeichnen eine scharfsinnige Analyse konkreten Materials und eine fundierte theoretische Verallgemeinerung. Auf Grund seiner Kompetenz in allen Bereichen der slawischen Sprachwissenschaft wurde er zum Mitglied der „Internationalen Arbeitsgruppe beim Slawischen Sprachatlas“ berufen, der er von 1974 bis 1995 angehörte und in der er wichtige Aufgaben übernahm. Die umfassenden slawistischen Kenntnisse und methodisch-didaktischen Fähigkeiten ermöglichten ihm die Betreuung zahlreicher Diplomarbeiten, Dissertationen und Habilitationen auf hohem wissenschaftlichen Niveau. Anlässlich seines 65. Geburtstages widmeten ihm Freunde, Kollegen und Schüler eine Festschrift mit dem Titel „Wort und Text“, die Ernst Eichler, Kersten Krüger und Astrid Thiele herausgaben und die 1994 als Band XXVI der von Herbert Jelitte edierten Reihe „Beiträge zur Slavistik“ erschien. Sie enthielt auch ein detailliertes Schriftenverzeichnis des Jubilars. Zu seinem 85. Geburtstag erfuhr er eine allseitige Würdigung seines Werdeganges und Lebenswerkes durch Karlheinz Hengst im „Bulletin der Deutschen Slavistik“ 19 (2013), S. 43-45.
Wolfgang Sperber war ein herausragender Wissenschaftler und Hochschullehrer, den seine Freunde, Kollegen und Studenten in bleibender Erinnerung behalten werden.
Walter Wenzel

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