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Thursday, August 6, 2015

Atlas niedersorbischer Zunamen


Walter Wenzel:  Atlas niedersorbischer Zunamen. Nach Quellen des 14. bis 18. Jahrhunderts. Domowina-Verlag, Bautzen, 2015. 159 S.  
Das bisherige Atlaswerk zur sorbischen Anthroponymie aus der Feder des Verfassers  wird fundiert durch einen speziellen Band zum Niedersorbischen (Nso.) erweitert und vervollständigt. Seit den Forschungen von Ernst Mucke zum Nso. ist das eine die slavistische Forschung nun mit historischer Vertiefung bereichernde Edition und ein Unikat zugleich.
Anlage und Aufbau sind platzsparend, verständlich und mit ausreichend Erläuterungen versehen für eine breite interessierte Leserschaft bestimmt. Nach einer konzentrierten Einleitung (S. 9-12)  folgen 70 Karten im Mehrfarbendruck. Die jeweils rechts erscheinenden Karten werden auf der linken Seite mit einem informativen Kommentar erläutert. Damit ist eine praktische Handhabung gesichert.
Der Atlasband ist zugleich als Nachschlagewerk geeignet, denn vorn (S.17-19) sind alle behandelten bzw. erfassten Personennamen alphabetisch und mit Seitenangabe ausgewiesen. Dieses Register gleich nach Literaturverzeichnis und Auflösung aller Abkürzungen sowie Zeichen (S. 13-16) erleichtert die Benutzung durch die Möglichkeit einer raschen Orientierung zum Inhalt.  
Das knapp gehaltene Inhaltsverzeichnis (S. 5) ermöglicht einen ersten Überblick zur Anordnung bzw. inhaltlichen Abfolge der kartierten Zunamen (ZuN) von S. 20 – 159. „ZuN aus slawischen Rufnamen“ sind mit 16 Karten vertreten, „ZuN aus Amts- und Berufsbezeichnungen“ mit 8 Karten. Lediglich zu dem umfangreichsten Part „ZuN  aus Übernamen“ mit über 40 Karten ist dem Benutzer eine Ergänzung zu empfehlen, da sonst z. B. die Karten zu ZuN nach Verwandtschaftsbezeichnungen, Tier-, Fisch- und Pflanzenbezeichnungen sowie auch apotropäische Rufnamen in ZuN  etwas schwer zu finden sind. Doch das gilt nur für den Benutzer, der von Sachgruppen ausgehend den Atlas in die Hände nimmt. „ZuN nach der Wohnstätte“ beschließen die Sachgruppen mit einer Karte (S. 152).
Wesentlich und sehr hilfreich ist, dass zu den kartierten ZuN immer die etymologischen Zusammenhänge im Kommentarteil erwähnt werden. Außerdem werden auch als Zeichen der fortschreitenden Erkenntnisse aus jahrzehntelanger Forschung des Autors etymologische Präzisierungen vorgenommen wie z. B. im Text zu Karte 21 zum ZuN Rĕzak. .
Auf verschiedenen Karten wiederkehrend fallen auch die für ZuN zutreffenden  Lehnbeziehungen auf. Die Lehnwortforschung speziell zu Entlehnungen aus dem Deutschen ins Nso. findet daher ebenfalls Ansätze für räumliche Verbreitung und sicher auch zu noch anderen sie interessierenden Fragen.
Die durchgehend beachteten und erwähnten Verbindungen zwischen den anthroponymischen Basen, ZuN und deren Vorkommen in Siedlungsnamen bringen neue Einblicke, erwecken also auch das Interesse der Namenforschung über die ZuN-Forschung hinaus.
Dem außergewöhnlichen Reichtum slawischer Suffixe in Eigennamen wird ebenfalls Rechnung getragen. Mit drei speziellen Karten (S. 154-159) zu den besonders häufigen „Personennamensuffixen“ wird eine einmalig schnelle Orientierung zum Nso. geboten. Die Verbreitung von suffigierten ZuN-Bildungen lässt wiederum auch Rückschlüsse auf die Geschichte von KurzN aus Rufnamen zu. Und darüber hinaus ist die Stratigraphie der KurzN wie der ZuN am Beispiel des Nso. wiederum auch von Interesse für Vergleiche mit der offenbar zeitgleichen Entwicklung von KurzN sowie auch ZuN im Deutschen und ihrem Festwerden als Zweitnamen auf dem Weg zum erblichen Familiennamen.
Insgesamt versteht sich der mit größter Sachkenntnis vom besten Kenner sorbischer Personennamen in unermüdlicher akribischer Arbeit als Ergebnis vorgelegte  Atlasband als sowohl ganz gesondert nutzbar als auch als integrativer Bestandsband zu den bisher schon vor allem im Domowina-Verlag in Bautzen erschienenen umfangreichen Nachschlagewerken des Autors. Für die slavistische Forschung hat Professor Wenzel mit weit vor Einsetzen der sorbischen schriftsprachlichen Überlieferung zurückgreifendem Quellenmaterial eine überaus wichtige Zusammenschau zur Genesis der Familiennamen im Nso. geliefert und damit zugleich eine konzentrierte Einsicht in Namenbildungsprozesse und die sprachliche Entwicklung in einem Teilbereich des Nso. ermöglicht. Dem Verlag gebührt Anerkennung und Dank für die Edition  in bester Qualität. Respekt gilt Herrn Andreas Häffner (Leipzig) für die digitale Aufbereitung der Karten und so erwiesene  geduldige und verständnisvolle Mitwirkung zur Veranschaulichung sprachhistorischer Anliegen.  
Univ-Prof. Dr. Karlheinz Hengst.
Der Band erscheint im Domowina Verlag. Die genauen Titeldaten entnehmen Sie bitte dem Katalog der Deutschen Nationalbibliothek.

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