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Argentinien
Mit Papst Franziskus und z. B. den drei großen M- des argentinischen Fußballs (Diego Maradona, César Luis Menotti, Lionel Messi…) ist Argentinien oft in aller Munde, hier Anlass für einige kurze Bemerkungen zum Land und den Spielern.
Argentinien (República Argentina), das zweitgrößte Land Südamerikas, wurde bis zur Besiedlung durch die Spanier Anfang des 16. Jahrhunderts von Indianern bewohnt. Heute besteht die Bevölkerung zum größten Teil aus Weißen, deren Mehrzahl ist vorwiegend spanischer (hier insbesondere auch galicischer) und italienischer Abstammung (zwischen 1850 und 1970 wanderten mehr als 9 Mio Menschen ein). Staatssprache ist das Spanische. 1816 wurde das Land unabhängig, 1880 zum Bundesstaat, nach dem Falklandkrieg und der Niederlage der Militärjunta begann 1983 eine neue Ära der Demokratie. Nach Buenos Aires (galicisch Bos Ares), wörtlich "Gute Winde, gutes Klima", ist Cordoba (Namenübertragung aus Spanien) die zweitgrößte Stadt.
Argentinen, genauer Argentinische Republik, ist benannt nach den reichen Silbervorkommen, konkret dem Río de la Plata (Silberfluss). In diesen auch für Bolivien, Brasilien, Paraguay und Uruguay wichtigen Strom münden die Flüsse Paraná und Uruguay. Spanisch "Silber" (portugiesischprata) geht zurück auf altprovenzalisch plata "Metallplatte, Silberbarren, Silber" und ist die iberoromanische Entsprechung von lat. argentum "Silber" (vgl. französisch argent "Silber; Geld"). Das dazugehörige Adjektiv ist lateinisch argenteus und portugiesisch argénteo oder argentino"silber", das allerdings heute praktisch ausschließlich für "Argentinier, argentinisch" gebräuchlich ist.
Die Nationalmannschaft wird nach ihren Farben auch die albiceleste genannt, gebildet mit albo (lat. albus "weiß") und celeste (himmlisch = himmelblau).
Die Namen der am Sonntag voraussichtlich auflaufenden Spieler sind "typisch" argentinisch, das heißt vor allem spanisch und italienisch geprägt. Es ist hier nicht der Ort, auf die beiden Namensysteme einzugehen (dazu etwa die entsprechenden Beiträge im Lexikon der Romanistischen Linguistik, 12 Bände, Tübingen: Niemeyer 1988/2005). Die im Folgenden gelegentlich genannten Frequenzen sind für Spanien ganz aktuell (meist werden die an erster oder zweiter Stelle stehenden Namen zusammengezogen), für Italien nur annähernd (Steuerlisten). Es handelt sich um (in der voraussichtlichen Aufstellungsfolge):
Sergio Germán Romero: Spanisch romero "Pilger" (eigentlich "Rompilger", wie etwa romeo) ist neben peregrino/pelegrino "Pilger" und palmero "Palmenträger" (= Pilger ins Heilige Land) ein verbreiteter Familienname (als erster und zweiter Familienname jeweils rund 220.000 Namenträger, Auswanderer vermutlich aus Andalusien). Sergio entspricht dem römischen, nicht definitiv erklärten Gentilnamen Sergius, der durch den Hl. Sergius populär wurde. Germán setzt lat. germanus fort, die Interpretation ist problematisch: entweder germanus "geschwisterlich" (vgl. spanisch hermano"Bruder" u.a.) oder germanus "Germane".
Pablo Javier Zabaleta Girod: Zabaleta ist baskischer Herkunft (zu zabal "weit, groß", meist auf Örtlichkeiten bezogen), mit jeweils gut 2.900 Namenträgern in Spanien. Spanisch Pablo entspricht dem deutschen Paul oder italienisch Páolo. Javier ist die Ausgangsform für deutsch Xaver (über den Jesuiten Francisco de Javier = Franz Xaver, italienisch Saverio). Es handelt sich ursprünglich um einen baskischen Ortsnamen Javier (Navarra), zu etxe-berri "Neuhaus". Alejandro (Aussprache -ch-) ist die spanische Form von Alexander.
Martín Gastón Demichelis: Demichelis, eigentlich De Michelis ist ein italienischer Familienname, zum Rufnamen Michele "Michael", hier in der Pluralform "aus der Familie des Michael"; Demichelis ist charakteristisch für den Piemont (der Heimat der Eltern des Papstes, heute in Cuneo etwa 724, Turin 610 und Alessandria 406 Namenträger). Martín ist die spanische Entsprechung des Hl.Martinus (deutsch Mártin). Gastón entspricht französisch Gaston; dieses geht (in konsonantischer Deklination) auf den Hl. Vedastus (flämisch Vaast, Waast), Bischof von Arras, gestorben 540, zurück. Der Name ist nicht definitiv erklärt.
Ezequiel Marcelo Garay: Garay entspricht baskisch garai "hoch", als Substantiv "Scheune" in Örtlichkeitsnamen (insgesamt über 9.800 Namenträger). Ezequiel entspricht dem Namen eines des bedeutendsten Propheten des Alten Testaments und gehört zu hebräisch yehezq’el "Gott ist stark". Marcelo (das -c- wird wie englisch -th- gesprochen, nicht wie italienisch -tch-) geht auf lat.Marcellus, einer Verkleinerungsform von Marcus zurück, als Heiligenname muss er nicht über das Italienische vermittelt worden sein.
Faustino Marcos Alberto Rojo. Rojo entspricht dem Farbadjektiv rojo "rot", aus lateinisch russeus(knapp 43.000 Namenträger). Faustino ist eine Verkleinerungsform von lat. Faustus "der Glückliche", Marcos die spanische Entsprechung des lateinischen Apostelnamens Marcus, Albertodie romanische Form von deutsch Albert, Albrecht.
Lucas Rodrigo Biglia: Biglia ist italienischer Familienname, der ebenfalls hauptsächlich im Piemont beheimatet ist (in Asti 235, in Turin etwa 194 Namenträger). Die Namenerklärung ist schwierig und in diesem Kontext zu kompliziert. Lucas entspricht dem Apostelnamen, Rodrigo (eingedeutschtRoderich), Name des letzten Westgotenkönigs (gestorben 711), gehört(e), zusammen mit der Kurzform Rui, zu den beliebten Vornamen, daher die hohe Frequenz des entsprechenden Patronyms Rodríguez (portugiesisch Rodrigues).
Javier Alejandro Mascherano: Mascherano (Aussprache -sch- = -sk-) ist ein weiterer italienischer Familienname, der schwer zu erklären ist. Die Form Mascherano ist sehr selten nachgewiesen (etwa 10 Personen in Rom). Als Grundwort scheint Masc(ara) vorzuliegen, das dem deutschen "Maske" entspricht und in zahlreichen mittelalterlichen Rufnamen nachgewiesen ist.
Ezequiel Iván Lavezzi: Auch Levezzi ist italienischer Herkunft, aber in dieser Form nicht nachgewiesen. Es dürfte sich um eine Variante von Lavezzi handeln (etwa 411 Namenträger in der Lombardei, 332 in der Emilia-Romagna, 176 im Veneto) und damit zu lavezzo "Tonerde, Gefäß aus Tonerde" (= Töpfer) gehören. Iván ist neben Juan eine spanische Variante von Johannes.
Ricardo Rodríguez: Rodríguez (patronymische Form von Rodrigo) zählt mit knapp 1.900.000 Namenträgern zu den häufigsten spanischen Familiennamen. Ricardo ist die romanische Entsprechung von Richard.
Enzo Nicolás Pérez: Pérez (patronymische Form zu Pedro "Peter") zählt ebenfalls zu den häufigsten spanischen Familiennamen (insgesamt knapp 1.600.000 Namenträger in Spanien). Enzoist ein italienischer Rufname und Kurzform eines Namens auf -enzo, meist vermutlich Vicenzo, aber auch Lorenzo ist denkbar. Nicolás ist die spanische Entsprechung von Nikolaus.
Lionel "Leo" Andrés Messi Cuccittini: Messi ist ein charakteristischer italienischer Familienname der Lombardei (Bergamo etwa 263 Namenträger) und der Marche (Macerata etwa 290), er gehört wahrscheinlich zu messo "Bote". Cuccittini ist in Italien nicht nachweisbar, ist aber offensichtlich eine Ableitung zu Cuccitto (etwa 73 Namenträger, davon 63 in Foggia/Apulien). Dieses wiederum ist wohl Kurzform eines mit den Kosesuffixen -uccio + -itto gebildeten Rufnamens, insbesondere Marcuccitto(Familienname Marcuccitti in den Abbruzzen). Der spanische Rufname Lionel, er entspricht italienisch Lionello (Variante Leonello), war im ausgehenden Mittelalter Modename und wurde möglicherweise durch das Französische vermittelt. Es handelt sich um eine Koseform zu lion "Löwe" (als Name Léon, deutsch Leo), daher auch "Leo". Andrés entspricht dem deutschen Andreas.
Gonzalo Gerardo Higuain: Der in Brest (Frankreich) als Sohn von Jorge Higuaín geborene Fußballer trägt einen nicht unmittelbar erklärbaren, sehr seltenen Familiennamen, dessen Ursprung im iberoromanischen oder hispanoamerikanischen Raum zu vermuten ist. Gonzalo ist (mit portugiesisch Gonçalo) einer der charakteristischsten iberoromanischen Rufnamen westgotischer Etymologie, im Mittelalter in der lateinischen Form Gundisalvus überliefert (germanisch gunth- „Kampf“ + lateinisch salvus "heil, gesund", also vermutlich eine hybride gotisch-lateinische Namenbildung). Gerardo ist die romanische Entsprechung des deutschen Gerhard.
Trainer:
Alejandro Sabella: Der italienische Familienname Sabella ist insbesondere auf Sizilien konzentriert. Vermutlich geht er auf den italischen Stamm der Sabelli zurück, gelegentlich könnte vielleicht auch ein Matronym (Kurzform von Isabella) vorliegen.
© Deutsche Gesellschaft für Namenforschung (GfN) e.V. (www.gfn.name.de) Namenkundliches Zentrum der Universität Leipzig
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