http://www.onomastikblog.de/artikel/wuerdigungen/rob-rentenaar-23-9-1938-9-5-2016/
Die Nachricht vom Tod des niederländischen Namenforschers Rob Rentenaar trifft den Kreis der Namenforscher völlig unerwartet. Gewiss werden alle, die Rob Rentenaar kannten, erwartet haben, ihn spätestens auf dem nächsten ICOS-Kongress in gewohnter Munterkeit wiederzusehen. So ist die Betroffenheit sehr groß.
Rob Rentenaar war praktisch sein gesamtes Berufsleben lang mit dem P. J. Meertens-Instituut van de Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen in Amsterdam verbunden, in das er 1961 als studentischer Assistent eintritt, zunächst mit volkskundlichen Arbeiten betraut. Doch schnell wird er in die Abteilung „Namenkunde und Siedlungsgeschichte“ übernommen, der er 39 Jahre lang treu bleibt und aus der heraus er durch sein Wirken und seine Publikationen seinen Ruf als gewissenhafter und anregender Namenforscher im In- und Ausland begründet und festigt. Internationale Anerkennung erfährt Rob Rentenaar durch seine toponymische Dissertation über „Nachbenennungsnamen“ (Robert Rentenaar: Vernoemingsnamen. En onderzoek na de rol van de vernoeming in de nederlandse toponymie. 1. Aufl. Amsterdam 1984, 2. Aufl. Amsterdam 1985) und durch seine Arbeiten über die Namen an Küsten (Die litorale Toponymie Nordwesteuropas, in: Niederdeutsches Jahrbuch 114, 1991, 89-107). Im Internationalen Handbuch zur Onomastik Namenforschung (Berlin-New York 1995/1996) ist er mit drei umfangreichen Artikeln vertreten: Namenforschung in den Niederlanden und in Flandern (Bd. I, 52-62), Niederländische Namen (Bd. I, 778-781) und Namen im Sprachaustausch: Toponymische Nachbenennung (Bd. II, 1013-1018). Von 1996 bis 1999 war er Präsident des International Council of Onomastic Sciences (ICOS). In den letzten Jahren vor seinem Ausscheiden aus dem Meertens-Instituut im Jahr 2000 widmete sich Rentenaar auch zunehmend der Personennamenforschung, was u.a. in der unter seiner Anleitung entstandenen Dissertation von Doreen Gerritzen (Voornamen. Onderzoek naar een aantal aspecten van naamgeving in Nederland, Amsterdam 1998) zum Ausdruck kam. Leider musste er zugleich erfahren, wie die Namenforschung in seinem Institut wie in den Niederlanden überhaupt zunehmend an den Rand gedrängt wurde. Bei seiner Pensionierung gab es schon keine selbstständige Abteilung „Namenkunde“ mehr im Meertens-Instituut. Inzwischen musste auch die Zeitschrift Naamkunde, deren Redaktion er bis zum Jahr 2000 angehörte, ihr Erscheinen einstellen.
Der Ruf an die Universität Amsterdam, der 1995 an ihn erging, mag ihn über diese Entwicklung zumindest etwas getröstet haben. Der Titel seiner Antrittsvorlesung ist bemerkenswerterweise dem monumentalen Werk Friedrich August Potts über die Personennamen aus dem Jahr 1853 entnommen: „Freilich, das Studium der Eigennamen ist nicht leicht.“ Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Rob Rentenaar fern von seiner langjährigen Wirkungsstätte an der Seite seiner Frau, der Namenforscherin Vibeke Dalberg, in Dänemark, ohne doch den Kontakt zur holländischen Onomastik aufzugeben.
Mit Rob Rentenaar ist „einer der letzten Allround-Spezialisten“ unseres faszinierenden Fachs von uns gegangen, schreibt Leendert Brouwer in seinem Nachruf. Darüber hinaus war Rob Rentenaar ein dem Leben zugewandter und humorvoller Mensch: Sein meistgelesenes Werk, meinte er einmal, sei der von ihm verfasste „Who Is Who-Index“ zu dem sogar ins Deutsche übersetzten Schlüsselroman über das Meertens-Instituut Het Bureau – in dem er natürlich auch selbst eine Rolle spielt.
Volker Kohlheim
No comments:
Post a Comment