Monday, June 27, 2016

Der Ball ist rund...

http://www.namenforschung.net/specials/europameisterschaft/

... und das Runde muss ins Eckige. Schon dreht sich alles um das große Fußballereignis des Jahres. Auch in der der Abteilung Namenforschung der Mainzer Akademie stellen sich die Mitarbeiter_innen auf die bevorstehende Europameisterschaft ein und haben, ausgehend von spielbestimmenden Fragen, Familiennamen aufgespürt, die an das Spiel auf dem grünen Rasen erinnern: Wer wird als Gewinner oder Loser vom Platz gehen? Wieso ist der Ball weg? Welcher Spieler tut sich besonders hervor und warum ist eine Ecke immer gefährlich? Aus Sicht der Fußballexpert_innen fallen die Antworten bestimmt anders aus als im Licht der Namendeutung. Was hat es mit den Familiennamen Loser, Ecke, Ballweg und Spieler tatsächlich auf sich?

Spieler

 
Verbreitung des Familiennamens Spieler
Im Fokus der Fußball-EM stehen natürlich die Spieler. Durch ihre starke Präsenz in den Medien und selbst auf Sammelkarten sind sie bei Jung und Alt bekannt. Die etwa 2237 Namenträger_innen (das entspricht 799 Telefonanschlüssen in der DFD-Datenbank), die sich den Familiennamen Spieler bundesweit teilen, haben jedoch nur im Entferntesten etwas mit dem beliebten Ballsport zu tun. Tatsächlich handelt es sich bei Spieler meist um einen Berufsnamen zu mittelhochdeutsch spilære, spiler für einen Musikanten und fahrenden Sänger. Möglich ist auch ein Übername zu mittelhochdeutsch spilære für Personen, die viel Zeit mit Spielen, früher v.a. mit Würfelspielen verbracht haben. Gelegentlich kann der Name auch eine Zusammenziehung von Spiegler sein, wohinter sich der Berufsname für den Spiegelmacher verbirgt.

Ecke

 
Verbreitung des Familiennamens Ecke
Wird eine Ecke gepfiffen, beginnt das große Zittern! Meist ergibt sich daraus ja eine gute Torschussmöglichkeit. Den Familiennamen Ecke teilen sich in Deutschland ca. 2741 Personen (bei 852 Telefonanschlüssen). Doch was steckt dahinter? Tatsächlich verbergen sich hinter dem Namen Ecke mehrere Bedeutungen. Zum einen kann es sich um ein Patronym handeln. Das bedeutet, der Rufname des Vaters wurde auf die Nachkommen übertragen. In diesem Fall liegt eine Kurzform des Rufnamens Eckehard zugrunde. Zum anderen kann auch eine Benennung nach der Wohnstätte vorliegen. Bei den vielen Belegen im niederdeutschen Sprachgebiet liegt mittelniederdeutsch eke 'Eiche' zugrunde und bezeichnet jemanden, der bei Eichen wohnte. Bei den Belegen im hochdeutschen Sprachgebiet kann der Familienname Ecke auf eine Wohnstätte zu mittelhochdeutsch ecke 'Ecke, Kante, Winkel' zurückgehen und jemanden bezeichnen, der an einem Geländevorsprung oder am äußersten Ende der Gemarkung wohnte.

Ballweg

 
Verbreitung des Familiennamens Ballweg
Wird eine Situation auf dem Spielfeld brenzlig, schießt ein Spieler den Ball manchmal ins Aus oder wagt einen Torschuss, der sein Ziel weit verfehlt. Dann heißt es erstmal: Der Ball ist weg! Die Balljungs und -mädels sammeln die Irrläufer ein und stellen sofort wieder einen neuen Ball zur Verfügung. War der erste Namenträger des Familiennamens Ballweg auf der Suche nach einem Spielball? Den Namen teilen sich etwa 1025 Namenträger_innen (das entspricht 366 Telefonanschlüssen aus der DFD-Datenbank), die hauptsächlich im Raum Walldürn, Wertheim zu finden sind. Der Name ist eine Zusammensetzung aus mittehochdeutsch enwec 'hinweg, fort' und mittelhochdeutsch balde 'schnell, bald' und bezeichnet wohl einen unsteten Menschen, der heute hier, morgen dort ist, also stets auf Wanderschaft geht. Unsicher ist, ob auch auch der alte Rufname Baldwig dahinter steckt. Als seltene Varianten kommen noch u.a. Baltenweck, Baldeweg vor.

Loser

 
Verbreitung des Familiennamens Loser
Einen glücklichen Verlierer wird man in den kommenden Wochen kaum sehen, denn als "Loser", wie die Sieglosen im Englischen bezeichnet werden, möchten die Spieler nicht zurückreisen. Doch halt... in Deutschland sind sie bereits angekommen: Rund 876 Menschen tragen hier den Familiennamen Loser (das entspricht 313 Telefonanschlüssen in der DFD-Datenbank). Ein schlechtes Omen für das Abschneiden von Jogis Jungs? Wohl kaum. Der Familienname Loser häuft sich südöstlich von Stuttgart und lässt sich vermutlich auf mittelhochdeutsch losære 'Lauscher' zurückführen, womit ein Aufpasser gemeint sein kann. Denkbar ist auch eine Herleitung von mittelhochdeutsch lōsære 'Heuchler, Schmeichler'. In der Schweiz ist dieser Familienname beinahe ebenso häufig vertreten (248 Telefonanschlüsse). Mit der englischen Bezeichnung für einen Verlierer hat der Familienname jedenfalls nichts zu tun.

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