Wednesday, August 17, 2016

Der Ortsname Ziegenfauze in der Oberlausitz

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Der Ortsname Ziegenfauze in der Oberlausitz als Rätsel in der Presse

Die "Sächsische Zeitung" vom 29. Juli 2016 (auch online nachlesbar) bietet unter der Überschrift "Ärger in Ziegenfauze" die Mitteilung, dass das Ortsschild zum wiederholten Male gestohlen worden sei. Und das liege eben an dem als originell empfundenen Ortsnamen. Auch "kämen ganze Reisebusbesatzungen hier vorbei, um sich das Schild anzuschauen." Allerdings gebe es bisher für die Entstehung des Namens "keine endgültige Erklärung. Man nimmt an, dass die Leute hier einst Ziegen hielten und irgendwann einmal einer Ziege, die nicht zum Bock wollte, eine Ohrfeige, oder auf Ostsächsisch eine 'Fauze' versetzten."



Im 2001 erschienenen Lexikon "Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen" sowie auch in den regionalen Vorgängerbänden zur Oberlausitz ist der Name Ziegenfauze nicht enthalten.
Bei dem kurios anmutenden Ortsnamen handelt es sich um eine lokale Prägung für eine ursprünglich kleine Siedlung in Steinbruchnähe aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an der Straße von Bautzen nach Löbau. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist dieser kleine Ort weiter gewachsen und schließlich sogar als Neukubschütz gekennzeichnet worden. Die Bauern des benachbarten Kubschütz aber hatten der kleinen Ansiedlung bereits im 19. Jahrhundert den Namen Ziegenfauze verliehen.

Das sogar im Internet verzeichnete "Ziegenfauze" in der Lausitz ist leicht erklärbar: Das hier so deutsch erscheinende Grundwort Fauze ist rückentlehnt aus obersorb. fawca 'Ohrfeige, Schlag' und dieses wiederum ist aus dem gleichbedeutenden mitteldeutschen Wort Faunze entlehnt. Das Sorbische kennt keine Diphthonge und hat daher das deutsche <au> mit dem in der Aussprache am nächsten kommenden <aw> wiedergegeben. Das -n- ist dabei in der entstandenen Konsonantenhäufung -wnc- im Sorbischen geschwunden.

In dem spöttisch gemeinten Ortsnamen wird auf die im Vergleich zu einem Bauerndorf auffällig kleine Ortsflur Bezug genommen, eben - natürlich mit Übertreibung - so winzig wie die Fläche bei einem "Ziegentritt, -schlag". Solche Überhöhungen sind gern zum Spott genutzt worden. So lässt sich z. B. vergleichen Flöhzunge für eine Ansiedlung auf einem durchaus längeren Flurstück, das sich von einer Ortsflur aus seitlich erstreckt. Und für eine kleine Ansiedlung bei Gaußig bei Bautzen ist Ende des 19. Jahrhunderts Ziegendorf verwendet worden (E. Eichler, H. Walther, Ortsnamenbuch der Oberlausitz. Berlin 1975, S. 381).

Das im Zeitungsartikel am Schluss genannte "ostsächsische Fauze" ist auch im vierbändigen "Wörterbuch der obersächsischen Mundarten" für die Lausitz verzeichnet, während das Deutsche sonst nur Faunze kennt. Ganz abwegig und falsch ist aber die Deutung mit der Ohrfeige für die Ziege. Solche Spottnamen wurden immer von den Bewohnern in Nachbarorten gegeben. Und es steckte stets mehr dahinter als etwa solch ein Klaps für eine Ziege!
Karlheinz Hengst

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